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Die Tyrannei der Prämisse

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Posted By Andreas Kapfhammer

In seinem Sachbuch „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, erklärt der amerikanische Autor James N.Frey

Die „Tyrannei der Prämisse“ als z.B. „die Liebe in der Ehe“ oder als „die Armierung in Stahlbeton“.

Wollte man eine Geschichte ohne Prämisse schreiben, ist es so als wollte man ein Boot ohne Riemen rudern.

James N.Frey Wie man einen verdammt guten Roman schreibt / ISBN: 9783924491321

Prämisse ist aus meiner Sicht eines der wichtigsten Bestandteile und zugleich das am kompliziertesten zu erarbeitende Detail eines Romans. Warum ist das so?

Eine Prämisse zu finden und richtig auszuformulieren erweist sich als eine der schwierigsten Aufgaben für mich als Autor.
Gerade Neu-Autor:innen unterschätzen das sehr leicht.  Sie haben wohl eine Idee, ein Konzept, einen Plot, Figuren und Konflikte, alles notwendige Bestandteile um einen Roman zu schreiben. Bestenfalls verfolgen sie noch die Veränderung der Hauptfigur von einem Pol zum anderen.
Doch ihre Prämisse ist vage bis gar nicht existent. Das kommt daher, weil die Prämisse starr ist und jeder Autor:in macht dort die selben Fehler. „Ich habe eine Prämisse – mal schauen was daraus wird,“ reicht leider nicht, denn dann sollten sie die vermeintliche Prämisse lieber ganz weggelassen werden.

Prämissen sind kein „nice-to-have“, also etwas was man nutzen kann oder nicht. Vor allem larifari Behauptungen schleichen sich schnell ein.

Geht die Definition und die konsequente Ausrichtung des Romans an der Prämisse schief, bemerken das  Leser:innen und werden dieses Buch weglegen und einfach nicht mehr weiterlesen. 
Haben Autor:innen  eine Prämisse und verlieren sie diese auf dem Weg zum Ende, merken es die Leser:innen und werden ebenfalls nicht weiterlesen.  
Für mich ist es so, als würde ich eine Geschichte schreiben und mit Details schlampen. Die Leser würden meine Geschichte ebenso weglegen.
Dazu ein Beispiel. Ein objektiver Fehler – die Protagonistin ist Anfang zwanzig und blond. Auf Seite drei wäre die Protagonistin allerdings schwarzhaarig und Ende zwanzig.  Würde Sie das verwirren?
Was machen Sie, wenn Sie das feststellen? Genau, ich behaupte, sie legen das Buch, ohne es zu Ende zu lesen, auf die Seite. 

Genauso verhält es sich mit der Prämisse – nicht, dass man keinen Roman ohne Prämisse schreiben könnte. Romane ohne Prämisse gibt es (leider) viele – es sind die zahllosen Bücher, die nach ihrer Ersterscheinung recht schnell von der Ladentheke verschwinden und irgendwann in Sammelcontainern für „Ramschaktionen“ auftauchen. 

James N.Frey  beschreibt es so – sie (die Prämisse) ist der Kern, das Herz, das Zentrum, die Seele all dessen, was Sie (die Autor:innen) zum Ausdruck bringen.

Bei der Prämisse geht es nicht um den Titel, oder den Beweis des Titels – das besprechen wir an einer anderen Stelle. 

Die Prämisse ist die Behauptung dessen, was den ganzen Roman ausmacht. Der Roman ist dabei das Trägermedium, die Prämisse unter allen Umständen zu beweisen.  Wenn Sie als Autor:in das nicht beherzigen, merkt es die Leser:innen.

Die Prämisse verstehen wir meistens dann, wenn etwas völlig Unvorsehbares passiert. Etwas mit dem die Lesenden nicht rechnen. Denn immer dann wenn wir gerne “Friede, Freude, Eierkuchen” hätten, ist damit noch keine Prämisse bewiesen. Doch eines ist sicher – für Autor:innen gibt es nichts „Unvorhergesehenes“. Während der Entwicklung des Romans, mag es solche „Ausbrüche“ geben. Doch steht der ganze Roman, ist für Autor:innen alles klar, sie wissen von was sie schreiben.

James N. Frey schreibt z.B. In der alte Mann und das Meer, will Hemmingway die Prämisse beweisen: „Mut führt zur Erlösung“. Im Fall des alten Mannes stimmt das.

Selbstverständlich gibt es Happy-End Geschichten, dort tritt dann auch genau das ein, was wir als Lesende bereits ganz weit vorne gewusst oder zumindest erahnt haben. Kommt es also ohne erkennbaren Eklat zum Happy-End, wurde die Prämisse auch konkret eingehalten.
Würde es nun zu einem tragischen Ausgang kommen, kann das in der Prämisse selbst liegen, sie wurde falsch definiert, oder so gut, dass die Lesenden künstlerisch an der Nase herumgeführt wurden.

Dabei darf die Prämisse eines nicht – allgemein gültig oder zu vage zu sein. Das heißt, sie dürfte nicht auf jede Geschichte der Art z.B. Tragödien zutreffen. Das Böse triumphiert und am Ende gewinnt das Gute. Viel zu banal und die Frage dazu ist – woran wollen die Lesenden das festmachen?

Also bevor Du viel Zeit in Recherche verschwendest, widme Dich einer Prämisse für Deinen Roman, die beweist, was dort drinsteht trifft auf jeden Fall zu.

Den nächsten Beitrag widme ich dem Kern der Prämisse, wie geht das?

Mehr Autorenwissen könnt ihr auch hier in der Schreibkommune finden.

Bild von Lena Lindell auf Pixabay

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One thought on “Die Tyrannei der Prämisse
  1. Benjamin-Lucas

    Ein durchaus aufschlussreicher Beitrag zur Bedeutung der Prämisse in der Romanerstellung! Die Analogie von James N. Frey, die Prämisse mit „der Liebe in der Ehe“ oder „der Armierung in Stahlbeton“ zu vergleichen, veranschaulicht hervorragend, wie unverzichtbar sie für die Struktur und den Erfolg eines Romans ist. Der Artikel hebt treffend hervor, dass eine präzise formulierte und konsequent durchgehaltene Prämisse das Herzstück eines jeden guten Romans bildet.

    Besonders hat mir die Erklärung gefallen, dass eine inkonsistente Prämisse von den Lesern schnell bemerkt wird und das Interesse am Buch schwinden lässt. Ihre Beispiele verdeutlichen dies auf anschauliche Weise.

    Ein kleiner Vorschlag zur besseren Lesbarkeit und um Ablehnungen zu vermeiden: Vielleicht könnte erwogen werden, das generische Maskulinum zu verwenden. Das könnte dazu beitragen, den Text flüssiger zu gestalten und eine breitere Leserschaft anzusprechen. Es wäre schade, wenn unangebrachte Doppelpunkte das Interesse am Buch schwinden ließen.

    Vielen Dank nochmals für diesen wertvollen Beitrag – er bietet großartige Einsichten für alle, die ernsthaft über das Schreiben nachdenken!

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