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Voidcall: Das Rufen der Leere – Kapitel 4: Aufbruch ins Ungewisse

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Posted By Corvus

Tamara Vex war nicht die Sorte Frau der man widersprach. Tatsächlich trauten sich nur wenige Männer überhaupt ein Wort mit ihr zu wechseln. Die Stoßtruppführerin besaß Muskeln aus Stahl und diese wurden durch einen massiven Kampfanzug aus Aspexylplatten verstärkt, der ihr unmenschliche Kräfte verlieh. Nicht das sie den Anzug gebraucht hätte.
Der einzige Mensch an Bord, der ein Händchen für ihr aufbrausendes Temperament aufweisen konnte, war Archweyll. Sie lebten beide für den Nervenkitzel. Das verband sie auf einer Ebene, die kein anderer Mensch erreichen konnte. Wer glaubte, ihre zu einem Pferdeschwanz gebundenen roten Haare seien das pure Feuer, hatte noch nicht in ihre Augen gesehen. Tamara lebte für den Kampf.
„Wir werden die Station entern und die Ursache der molekularen Verzerrung erörtern“, erklärte Archweyll seinen Plan.
Der Stoßtruppführerin waren einhundert in Körperpanzer gehüllte Soldaten gefolgt, die sich in Zehnerreihen aufgestellt hatten, die Induktionsgewehre angelegt. Sie würden den ersten Ansturm bilden, der das morbide feindliche Herz zum Stillstand bringen sollte.
„Ich halte diese Idee nach wie vor für einen Fehler, das weißt du?“, fragte Clynnt Volker vorsichtig.
„Was soll ich denn sonst tun? Sie mit Rosinen bombardieren? Oder betteln, bis sich die Verzerrung freiwillig auflöst?“, knurrte Archweyll zynisch.
„Lass mich dich wenigstens begleiten. Wenn dein Kopf rollt, hat deine Truppe keinen mehr zum nachdenken“, flüsterte Clynnt. Sein Blick ging vorsichtig zu Tamara, um sicherzustellen, dass sie ihn nicht gehört hatte. Dann schweiften seine Augen zum Chefmechaniker und Clynnts Miene verfinsterte sich um ein Vielfaches. „Und das du ihn mitnehmen willst…“, begann er, doch Archweyll unterbrach ihn mit einer brüsken Handbewegung.
„Wenn mein Kopf rollt, bist du der einzige, der dieses Schiff noch retten kann. Außerdem brauche ich jemanden, der die Entertorpedos manuell aktiviert und abfeuert. Das traue ich nur dir zu. Howard Bering wird mich begleiten, weil er ein umfangreiches Wissen über die Dunklen Engel gesammelt hat. Das könnte nützlich sein. Außerdem möchte ich ihn lieber in meiner Nähe wissen. Wenn er etwas ausheckt, werde ich sicherstellen, dass es ihm Leid tun wird.“ Die Worte des Kommandanten ließen keinen Widerspruch zu.
„Noch 0,02 Parsec bis zum Ziel“, unterbrach sie die Stimme eines Navigators.
„Die Stunde hat geschlagen. Ich verlasse mich auf dich. Wenn etwas schiefgeht, sollst du wissen, dass ich dich sehr zu schätzen gelernt habe, alter Freund“, sagte Archweyll.
Clynnt nickte matt. Dann klopfte er dem Kommandanten auf die Schulter und schritt wortlos in die Navigatorenkabine.

Die Entertorpedos besaßen einen Durchmesser von drei Metern und liefen vorne spitz zu. Jedes Geschoss besaß Platz für zehn Mann. Die Geschossspitze war mit rasiermesserscharfen Werkzeugen ausgestattet, die den Torpedo in Windeseile durch eine Außenbordwand fräsen konnten.
Archweyll bugsierte seinen massigen Körper auf einen der viel zu engen Sitze und sofort schlossen sich Gurte um seinen Körper, als wären sie die Arme einer Geliebten.
„Initiiere Abschussvorrichtungen“, knisterte es aus einem Lautsprecher
„Ah, Hallo Bebsy“, frohlockte der Kommandant. „Mensch, die Gurte sind aber wirklich eng. Besonders an den intimen Stellen. Man könnte fast meinen du meinst es heute gut mit mir.“ Er stieß ein derbes Lachen aus.
„Du redest wirklich immer noch mit ihr?“, Tamara nahm seufzend neben ihm Platz und ihre smaragdgrünen Augen durchbohrten Archweyll wie Projektile.
„Hier im Warp wird man schnell einsam“, erklärte er mit eindringlichem Blick und verschmitztem Grinsen.
„Schau mich noch eine Sekunde so an und ich breche dir sämtliche Knochen“, knurrte die Stoßtruppführerin und ihre Wangen begannen zu glühen wie zwei Lampions.
Archweyll war klar, dass er sich in die rote Zone befördert hatte, also beließ er es dabei, bevor er möglicherweise den Verlust von Körperteilen riskierte.
„Und es sind wirklich keine Feinde auf der Raumstation? Nicht mal ein paar?“, Tamara klang ehrlich enttäuscht.
„Und eine Person mehr, die meiner Arbeit nicht vertraut“, seufzte Howard Bering, während er auf einem der Sitze Platz nahm.
„Und dabei war es gerade so kuschelig hier“, feixte Archweyll mit düsterer Stimme. Der Anblick der wabernden Tentakeln versetzte seiner aufgesetzten Stimmung einen herben Dämpfer.

Die Pforte des Torpedos schloss sich zischend hinter dem Chefmechaniker und der Kommandant konnte hören wie die Triebwerke angedockt wurden.
„Dann ist es vielleicht gut, dass er hier ist. Noch ein bisschen mehr kuschelig und hier wäre was schiefgegangen“ betonte Tamara und ballte die Faust, als würde sie dem Kommandanten verdeutlichen wollen, dass sie ihn wie ein Insekt zerquetschen konnte.
„Kannst du mich hören?“, knisterte Clynnt Volkers Stimme aus dem Lautsprecher.
Tausende Lobpreisungen für dieses Deeskalationstalent, dachte sich Archweyll. „Schieß los“, erwiderte er.
„Wir sind fast in Schussreichweite. Ich hoffe, ihr habt euch alle gut angeschnallt?“
„Keine Sorge, Bebsy hat sich wirklich vortrefflich um mich gesorgt“, versicherte Archweyll. Für einen Moment war es still.
„Du redest wirklich immer noch mit ihr?“, knistere es aus dem Lautsprecher.
Tamara konnte ein Kichern nicht unterdrücken.
„Sieht wohl so aus“, knurrte der Kommandant. Langsam langweilte ihn dieses Spielchen.
„Ich werde gleich den Countdown initiieren. Die Triebwerke sind aktiv und die Kette wird euch gleich nach draußen ziehen“, erklärte der Chefnavigator.
Mit diesen Worten ging ein Ruck durch die Kapsel und plötzlich geriet Leben in den Torpedo.

„Na dann mal los“, feixte Archweyll und begann damit ein Liedchen zu summen. Aber seine Hand hatte sich fest um den Griff seines Schwertes gekrallt. Diese Anspannung vor einer möglichen Schlacht war ein unbeschreiblich gutes Gefühl. Er sah zu Tamara und stellte fest, dass es ihr genauso erging. Dafür hätte er sie fast umarmen können, hätte Bebsy nicht ihre Einwände gehabt. Dann ertönte der Countdown. Jede Muskelfaser in Archweylls Körper spannte sich an. Ein unsagbarer Ruck ging durch das Geschoss, als die Triebwerke zündeten und die kleine Metallkapsel in den Rachen des Warp schleuderten.
„Bereit machen zum entern!“, befahl der Kommandant. Ihr Flug dauerte nur ein paar Sekunden, das wusste er. Sein Blick ging zu Howard Bering.
Der Chefmechaniker hatte erneut dieses wissende Lächeln aufgelegt, das Archweyll einfach nicht gefallen wollte. Wenn irgendetwas schiefging, würde er dafür Sorge tragen, dass Howard an seinen hässlichen Tentakeln ersticken würde.
Mit einem lauten Krachen trafen sie auf die Außenbordwand der Raumstation. Die gesamte Besatzung des Torpedos wurde durchgeschüttelt. Der Gurt presste sich in seinen Kampfanzug und für eine Sekunde ging Archweyll die Luft aus. Für einen Moment sah er die Sterne des Warp vor seinem inneren Auge aufflammen wie ein Meer aus Lichtern.
Das mechanische Sirren der Apparaturen des Gefechtskopfes holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Langsam bohrte sich der Torpedo durch die Hülle der Raumstation.
„Gurte deaktivieren!“, rief der Kommandant lauthals. Es summte wie in einem Wespennest, als die Vorrichtungen entfernt wurden und ihm endlich wieder Bewegungsfreiheit gewährten. „Danke Bebsy, du warst großartig“, lobte Archweyll. Doch seine Miene wurde schlagartig wieder ernst, als der Gefechtskopf von seinem Rumpf entfernt wurde und mit einem metallischen Aufschrei zu Boden ging.
Einheitliche Schwärze empfing sie und ein ungutes Gefühl schlich sich in Archweylls Magengrube. Was immer sie hier empfangen sollte, es entzog sich ihrer Vorstellungskraft.
Noch hatte er keine Ahnung, wie bald sich dieses Gefühl bestätigen sollte…

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